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Die Allmacht der Drachen

Vor exakt einem Jahr habe ich bereits einen Artikel zu Drachenkämpfen geschrieben und dabei einige Tipps gegen die Biester gegeben. Drachen sind Mordinstrumente, die ihres Gleichen suchen. Nun, pünktlich zu kalten Jahreszeit, gibt es den Nachschlag zum Drachenkrieg.

Holistik und Ludonarrative Dissonanz

Direkt zu Beginn zwei Fremdwörter um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Wenn ihr noch weiter lest nach diesen beiden Begriffen, dann lasst sie mich euch kurz erklären: Holismus bezeichnet die Innere Logik der Welt. Erzeugen wir einen neuen Fakt, dann müssen wir ihn zu Ende denken und uns fragen, was passiert, wenn Drachen real in Europa oder einem beliebigen anderen Kontinent existieren.

Die Ludonarrative Dissonanz ist in der Spielleitertheorie ein gern genutzter Begriff, er lässt sich aber einfach aufdröseln und verliert schnell an Schrecken. Ludo ist das Spiel, eine Narrative ist das Erzählerische Element und die Dissonanz der Fehler. Es geht also um Brüche im erzählten Spiel mit der Logik, die wir oben aufgestellt haben.

Wofür das alles im Drachenkrieg?

Berechtigte Frage, auf die wir im Folgenden eingehen werden. Wir haben bereits angedeutet, dass alles an einem Drachen Gefahr ist. Er ist größer, stärker und schlauer als die Menschen. Er hat Klauen und einen gepanzerten Schwanz, er spuckt Feuer und ist meist auch magisch bewandert. Stellen wir uns die Frage, wie unser Land aussehen würde, wenn Smaug oder ein beliebig anderes Monstrum hier leben würde [Anmerkung der Redaktion: Smaug ist offiziell kein Drache sondern eine Wyvern].

Dieses Monster hat das Format einer Boing 747 und hat dementsprechenden Hunger. Wenn wir uns ansehen, welche Nahrungsmittel ein Eisbär braucht damit er gesund leben kann, können wir für die Echse dementsprechend hochrechnen. Der Bär bringt stattliche 300 kg auf die Waage und kann sich auf 500 kg hochfressen, wenn er entsprechende Beute findet. Das Flugzeug wiegt grob Tausend mal so viel, also etwa 300 Tonnen. Verfällt ein großer Drache wie Smaug in einen Fressrausch, dann vernichtet er schnell auch Städte in Europa. Daraus resultiert aber auch ein gewisses Revierdenken der Drachen mit Artgenossen und sie würden höchstwahrscheinlich ein Kontinent unter sich aufteilen. Die Monster sind also ziemlich selten und man mag davon ausgehen, dass so ein Territorium ganz Deutschland, wenn nicht mehr, beanspruchen mag. Die Menschen in der Stadt Frankfurt sind mein leckeres Fressen!

Auf zum Drachenkrieg

Es mag nun also ein paar Helden geben, die ausziehen um diesen Drachen zu besiegen. Ob dies nun in Europa passiert, Aventurien oder Golarion spielt wohl kaum eine Rolle. Wir gehen schlicht davon aus, dass dieses Biest existiert und Probleme erschafft, deren wir uns annehmen müssen. Sonst tut es ja keiner!

Da ein Drache gemeinhin bekannt intelligenter als Menschen ist, wird es sicherlich seinen Hort unzugänglich gemacht haben, damit nicht einfach ein paar Heroen hereinspazieren und ihn stören, töten und sein Gold klauen. Was hindert ihn also in einem Umkreis von 100 km die Felder und Wälder nieder zu brennen und alles Einsichtig für ihn zu machen. Wer marschiert schon gerne 4 Tage lang durch verbrannte Asche mit seiner Armee oder den Bauern. Es gibt keine Deckung, kein Schutz und Flucht ist schlicht nicht mehr möglich. Allein der Weg zum Drachenhort demoralisiert die Männer und Frauen, die auszogen eine Echse zu legen. Ein großes Heer wäre eventuell zu laut und wird aus der Luft mit Feuer vernichtet.

Wo sind unsere Helden?

Ein Gebiet wie Deutschland wird durch so ein Monster geprägt, jeder kennt seinen oder ihren Namen und weiß, dass diese biologische Atombombe jederzeit angreifen könnte, egal ob ich im Königreich Bayern bin oder am Hamburger Fischerhafen. Er oder sie ist das Sinnbild eines Gottes, dem ihr physisch begegnen könnt. Oder viel mehr ein Teufel. Schlicht eine der mächtigsten Präsenzen, dem ihr als Abenteurer oder Abenteuerin begegnen könnt. Diese Gefahr sollte auch entsprechend etabliert sein, damit die Spieler und Spielerinnen hier keine bösen Überraschungen ingame erleben.

 

Wie intelligent ist er oder sie denn nun wirklich?

Ein solches Monster wird sich nicht für Politik interessieren. Wieso auch. Was die Menschen tun oder nicht, muss ihn nicht interessieren, solange es ausreichend Essen für ihn gibt. Wenn er mit ihnen Abmachungen trifft und nur einmal im Jahr eine Jungfrau verlangt, dann das nur für einen hohlen Zahn reichen und es ist ihm egal, wer dabei die Krone trägt. Er braucht keinen Ausweis für die Bibliothek oder einen Reisepass. Die Produktion von Kleidung oder anderen menschlichen Dingen muss ihn nicht kümmern.

Es kann also durchaus sein, dass eine gebildete Dame durchaus belesener ist als Smaug, aber dies spiegelt nicht die Erfahrung wieder. Durch die Luft gleitend kann er die Küsten der Nordsee (oder jedes beliebigen anderen Meeres) sehen und kennt Schiffe. Er kennt die Berge der Alpen und hat diese überflogen. Für Menschen ist dies mit viel Reise-Aufwand verbunden, vor allem wenn es keine Autos sondern nur Pferde gibt. In einem Drachenkrieg müssen die Helden also mit einer diabolischen Bosheit oder Gerissenheit rechnen. Immerhin lebt ein Biest dieser Größe bereits seit vielen Jahrzehnten, bis er oder sie auf eine solche Größe heran wächst. Das Monster hat sicherlich schon einige Mordversuche erlebt und überlebt, sonst wäre es nicht an dieser Stelle.

Oder aber er ist wirklich interessiert an einem Dialog und handelt Verträge mit der Kaiserin aus. Was sind schon 50 Menschen pro Monat, wenn ich dafür meine Ruhe habe und ohne Störung meine Felder bewirtschaften kann? Wie die Mafia kann auch ein hinterlistiger Drache Schutzgeld erpressen, um so besser, wenn ich dann nicht mal eine eigene Armee brauche. Wieso 500 Kriegerinnen bezahlen, wenn ich auch 50 Burschen und Kühe opfern kann, von denen haben wir sowieso genug…

Große Übermacht im Drachenkrieg!

Sicherlich kann eine begnadete Königin nun ein gewaltiges Heer aufstellen und mit Skorpionen und Ballisten in den Drachenkrieg ziehen. Tagelang durch die Aschefelder und ätzenden Staub streifen und unseren Smaug suchen. Wenn die Streitmacht aber keinen Grund findet, wieso der Drache nun an Ort und Stelle bleibt, dann erhebt sich das Vieh einfach in die Luft und entschwindet! Die Echse ist clever genug zu merken, wenn er hier nicht bestehen kann und weicht einem solchen Drachenkrieg einfach aus. Wie lange will man warten im Nirgendwo, wenn er nicht wiederkommt? Vielleicht hat er mehrere Horte.

Selbst wenn die Königin seinen Hort plündern will, dann kann es immer noch Abwehrmaßnahmen geben. Man muss keine zwergischen Fallen austüfteln um solch eine Höhle zu beschützen, es reicht, wenn man tonnenschweres Gestein herabregnen lässt und den Eingang versiegelt. Es wäre auch möglich, dass toxischer Urin oder brennender Kot das Ziel von Helden umschließt. Ekelhaft? Ja natürlich, wer will schon durch einen See daraus waten müssen, wenn man am Ende auch wieder zurück muss.

Es gäbe zahlreiche andere Maßnahmen, die ein Drache ergreifen kann um sein Meuchelmord durch Heldenhand zu verhindern. Auch wenn er bei seiner Größe viel schlafen muss, wird er einen Weg finden…

Was tut ein Drache denn, wenn er nicht frisst oder schläft?

Auch hier beziehe ich mich wieder auf den Abschnitt oben. Holismus und die Dissonanz erfordern, dass wir uns Gedanken machen, was ein Drache so tut, wenn er nicht grade gegen Drachentöter kämpft? Ist er eine biologische Lebensform, die aus dem Ei kam oder ist er Vertreter eines Gottes auf Erden? Ist er eine für den Kampf perfektionierte Waffe, ein infernalisches Strafgericht oder nur ein großes Tier?

Je nach unserem Universum müssen wir uns als Spielleitung hier Gedanken machen, was sein Ziel und Antrieb ist. Dafür gibt es keine allgemein gültige Lösung. Jede und Jeder muss sich in einer Kampagne darum bemühen, die Motive des Wesens auszuformulieren, sonst kann man ein solches Vieh im Drachenkrieg nicht richtig darstellen. Das gilt übrigens für jeden Bösewicht! Plant es die Vergrößerung des Territoriums?

Sexismus im Drachenkrieg!

Ein anderes Beispiel diesbezüglich wäre die Brunftzeit oder das Paarungsverhalten bei Tieren [Anmerkung der Redaktion: Echsen sind übrigens nicht Warm- oder Kaltblütig, sondern wechselwarme Tiere. Bitte verwendet nicht Begriffe, die bei der Pferdezucht benutzt werden für Killermaschinen!]. Haben eure Drachen denn überhaupt ein Geschlecht? Gibt es das Konzept von männlich / weiblich bei den Kreaturen oder haben sie keines? Oder aber wechseln sie vielleicht im Laufe ihres langen Lebens ihr Geschlecht? Auch ein interessanter Plotaufhänger, wenn sich das Jagdverhalten durch Hormone (gibt es sowas bei den Viechern?) ändert.

Zusammenfassung des Ganzen

Denkt beim Weltenbau über Dinge nach, die ihr erschafft oder die von anderen bereits erschaffen worden sind. Was bedeutet es für ein Kontinent mit einem gottähnlichen, bösen(?) Wesen zusammen zu leben und was fordert die innere Logik.

Mehr solcher Themen?

Wir haben uns im Rahmen der Donnerhaus Gespräche mit dem Drachenfriedhof auseinander gesetzt und kamen diesbezüglich auf unsere Diskussion. Ähnlich den Elefanten könnte die Innere Logik auch solche Orte erschaffen, welche bestimmt interessante Plots im Rollenspiel ermöglichen.

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Nottel

Schöner und witziger Beitrag , wenn man die Zusammenhänge verkürzt in den Schlagworten sieht; was hat Europa mit Hobbits und Schutzgelderpressungen zu tun? – Drachen.
Danke für den Worthinweis, das Wort kaltblütig wurde früher so benutzt wie heute “wechselwarm”, es ist also veraltet. siehe Duden und WP, https://de.wikipedia.org/wiki/Wechselwarmes_Tier

[…] denkt über Drachen und ihre plausible Verwendung im Rollenspiel nach. Wie viel frisst so ein Drache und welches Gebiet […]