Wintersturm #16 – Cybertech: Wissenschaft vs. Ästhetik!

Cybertech: Wissenschaft vs. Ästhetik! Martin ließ sich die Verfolger auf seinem Head-up-Display anzeigen ohne sich umzudrehen und sprang über die Häuserschlucht. Tobi hatte ihn und Torsten verraten und die Matrix versiegelt. Nun schwirrten überall um ihn herum die Dronen des Konzerns. Er wusste, dass er jetzt nur noch schwerlich entkommen konnte, doch die Müllpresse wäre noch eine letzte Chance! Ein gezielter Schuss mit seinem Servo-Arm und der Lüftungsschacht vor ihm zerbarst. Seine Lunge fiepte und seine Muskeln würden später viel Öl brauchen. Martin lief durch eine letzte Holo-Projektion mit Werbung für einen neuen Energieriegel und verschwand im rostigen Schacht…

Was ist Cybertech?

Wir reden heute über ein philosophisches Thema: Menschlichkeit. Wieviel Kybernetik darf mein Körper besitzen, damit ich noch als Person durchgehe? Oder wieso sollte ich mich überhaupt vercybern lassen, wenn ich doch meinen Geist in die Cloud hochlade und mit Robotern durch die Weltgeschichte laufe? Filme wie Surrogates oder Altered Carbon haben in jüngster Vergangenheit diese Geschichten erzählt und sind damit auf offene Ohren gestoßen. Beinprothese oder Exoskelett, Brille oder Hörgerät. Was ist erlaubt, was ist Cybertech?

Cyberpunk 2077 und Kybernetik

Natürlich sprechen wir auch über Cyberpunk 2077, die Vorgängerversion 2020 und das neue Pen and Paper Rollenspiel Cyberpunk Red. Welche Fragen solltet ihr euch nicht stellen und welche Probleme lohnen sich als Thema. Egal ob ihr als Straßensamurai oder Scharfschütze loszieht, Cyberpunk oder Shadowrun haben die gleichen Vorstellungsräume und Möglichkeiten für eure Charaktere. Viel Spaß wünschen wir euch bei der Folge 16: Cybertech: Wissenschaft vs. Ästhetik! Falls euch die Diskussion gefällt, dann hört euch auch die anderen Podcast von uns und dem Wintersturm an. Über Cyberpunk 2077 habe ich bereits hier einmal gesprochen.

 

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Die Musik wurde mir freundlicherweise von Erdenstern zur Verfügung gestellt: Musik komponiert von Andreas Petersen

       

3 Kommentare

  1. So ein spannendes Thema und keine Kommentare hier?
    Ich bin zwar noch nicht durch mit der Folge aber es gab schon einiges zu Hören.
    Ich fand es ja spanned, dass ihr gleich über Cyberpunk und Transhumanismus gesprochen habt. Der Transhumanismus gilt ja als moderne Weiterentwicklung des Cyberpunk. Diese Sicht lässt jedoch einige Dinge außer Acht, die ihr meines Erachtens unter Stichworten wie Stil und Ästhetik diskutiert und die wesentlich zum Kern des Cyberpunk gehören.
    In der Tat ist die Dimension des Sports eine sehr anschauliche und meines Erachtens sogar wesentlich interessantere als eine militärische. Ich habe die physische Komponente nie als wichtiges Element des Transhumanismus begriffen, aber gerade die letzten Diskussionen aus dem Sport zeigen auf, dass hier solche Themen angedacht werden. Chemische Substanzen, biologische Adaptionen, künstliche Körperteile und Diskussionen über genetische Anomalien. Wenn man das alles auf einen Haufen legt wirkt es schon irgendwie phantastisch. Auch wenn der heiße Scheiß im Transhumanismus natürlich Dinge wie der Upload und die Grenze zur künstlichen Intelligenz sind, spielt Genetik und die Frage wie lange man ein Mensch wie jeder andere ist ebenso eine Rolle. Diese Themen wurden in der Tat auch im Cyberpunk schon angerissen, auch wenn die Schismatrix heute sicher weniger bekannt ist als jene Werke die sich auf Kybernetik und Cyberspace konzentrieren.

  2. Die Diskussion über Cyberzombies und die Frage nach einem ferngesteuerten Cyberkörper haben mich an Forever Peace erinnert. Joe Haldeman fokussiert seine Geschichte zwar anders, aber möglicherweise interessiert es den einen oder anderen sich dort Inspirationen zu holen.

    Shadowrun hat ja eine Reihe von Problemen, von denen viele damit zusammenhängen, dass die Leute sich und das Spiel zu ernst nehmen. Abgesehen davon spielen Shadowrunner heute genausowenig Cyberpunk, wie Vampire Spieler sich mit “persönlichem Horror” auseinandersetzen. Auch eure Diskussion über die Frage, ist das Leben der Spieler-Figur weniger wert als die teure Superdrohne oder das Cyberdeck, weist auf Probleme hin, die das Spieldesign hatte oder noch hat. Durch die emotionale Distanz zwischen Spieler und Figur funktionieren gewisse Zusammenhänge nicht oder anders als es bei realen Personen der Fall wäre. Das ist letzten Endes auch der Grund warum, die die Diskussion um die Entmenschlichung des Mensch-Maschine-Hybriden nicht greift. Ähnliche Stellvertreterdiskussionen lassen sich auch führen im Setting von Vampire und sogar in Fantasy Settings wie Aventurien mit seinen Paktierern.

    Interessant fand ich die Klassifizierung von Altered Carbon. Ich selbst wäre nie auf die Idee gekommen dies als Cyberpunk zu bezeichnen. Schon der deutsche Titel Das Unsterblichkeitsprogramm zeigt deutlich in Richtung Transhumanismus. Die zentrale Idee, auf der das Buch aufbaut, gehört, wie oben erwähnt gewissermaßen zum Markenkern des Transhumanismus.
    Abschließend möchte ich noch einmal auf einen zentralen Punkt des Cyberpunk zu sprechen kommen, der vielleicht etwas zu kurz gekommen ist. Die Diskussion drehte sich um die Frage, wie offensichtlich Cyberware sein wird, wie wichtig der Stil ist und dass Leute keine Freaks spielen, sondern normal sein wollen. Der Cyberpunk besteht jedoch nicht nur aus Cyber. Er besteht auch aus Punk. Aus heutiger Perspektive ist das schwer einzuordnen, weil der Punk als solcher bedeutungslos geworden ist. Zudem sind die meisten von uns zu jung um Punk real erlebt zu haben. Dennoch wage ich zu behaupten, dass es zum Wesenskern des Punks gehört nicht normal zu sein. Das ist es was ihn letzten Endes auszeichnet. Er betrachtet sich selbst als Gegenentwurf der normalen Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass echter Cyberpunk als Spielwelt heute wenig Resonanz findet. Wir Kinder eine Überflussgesellschaft sind kaum mehr in der Lage diese Perspektiven zu emulieren, geschweige denn nachzuempfinden.
    Was bleibt ist also die Ästhetik einer Vision aus den 80ern und eine Simulation, der man besser nicht zu genau unter die Haube schauen sollte.

    1. Absolut richtig. Das meiste davon wäre Material für einen “Talk 2”, wie ich ihn zwischenzeitlich angedacht hatte, den wir hier aber vorerst auf Eis gelegt haben, weil einige von uns nicht ganz so tief in der Cyberpunk-Thematik stecken, wie andere und wir in dieser Konstellation natürlich nur über Dinge gut diskutieren können, zu denen alle Beteiligten einen Bezug haben.
      Das ist aber Nagel auf Kopf der Problematik und mir als Spielentwickler nur zu gut bewusst. Damit haben Tobi und ich uns schon rumgeschlagen, als wir unsere privaten Cyberpunksettings entwickelt haben. Das Punk zurück ins Cyberpunk zu holen, ist ungemein schwer, im Rahmen der Mainstreamorstellung dessen, was vermeintlich Cyberpunk ist, im Kontext eines Rollenspiels. Es gibt einige Wege, wie man das gut umsetzen kann, die aber alle nicht optimal für quasi-generische Settings sind und besser passen für spezifische Erlebnisse mit klarem Fokus. Für kommerzielle Systeme, die vermarkten wollen an eine komplexe Welt gekoppelt zu sein, ist es einfacher, die Illusion der Komplexität durch Masse und Bildgewalt zu ersetzen und die Themen auf das zu reduzieren, was sich gut mit einfachen Motiven verbinden lässt. Zeug mit Knarren, Cyberboostern und Explosionen eben. Oder wie du so gut sagtest: Was bleibt ist also die Ästhetik einer Vision aus den 80ern und eine Simulation, der man besser nicht zu genau unter die Haube schauen sollte.
      Guter Kommentar! Schönes Feedback! Vielen Dank dafür! 🙂

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