Wie ein gutes Abenteuer NICHT anfängt…

Ganz generell wollt ihr natürlich viel eher wissen, wie ihr gute Abenteuer beginnen könnt. Das mag natürlich am Ende auch das Ziel sein, was wir uns setzen wollen, jedoch werden junge Spielleiterinnen und Spielleiter gerade zu Beginn mit vielen weisen Worten überschüttet, die sie sich merken sollen. Ich gebe zunächst also auch eben solche Tipps, allerdings mit einem dicken roten Stoppschild versehen. Stellt euch einfach vor, wie ich dieses hochreiße und in die Trillerpfeife puste, wenn ihr diesen Weg einschlagt. Mit diesem Bild im Hinterkopf können wir beginnen.

Jeder hat andere Vorstellungen…

Bei verschiedenen Livestreams oder auch Diskussionsrunden auf der Drachenzwinge haben wir besprochen wie nun also Abenteuer geleitet werden, wie sie beginnen oder auch am Besten wie sie nicht beginnen. Ich habe nach den vielen Jahren als zunächst Spieler und später dann Spielleiter mittlerweile einen recht deutlichen Standpunkt von dem ich wohl auch so schnell nicht mehr abweiche. Ob ihr mir diesbezüglich zustimmt oder nicht, wird sich zeigen, aber ich habe auf zahlreichen Conventions oder Spontanrunden, Oneshots immer wieder die gleichen Fehler gefunden.

Tavernenabend

Es mag Spieler geben, denen es gefällt ein Abenteuer in einer Taverne zu beginnen.

Gemütlich zu einem Bierchen, der Kamin prasselt neben den Helden, es gibt warme Suppe oder sogar Fleisch. Beim Würfeln oder Karten spielen kommt die neue Gruppe zusammen, unterhält sich und wird vertraut miteinander. Diese Szene am Besten noch zwei Stunden durchziehen, damit jeder die Vor- und Nachteile des Gegenübers kennt. Es wird noch ein bisschen über den Hintergrund erzählt, dass die Eltern bei einem Orkangriff aufs Heimatdorf umgebracht worden sind und seitdem der Nimmermüde Wanderer ist. Kommt euch vertraut vor?

Mir auch.

Allzu oft hatte ich schon solche Runden, die sich gezogen haben wie Gummi, Händeringend nach 30 Minuten des Herumblödelns nach Plot gesucht wurde, dieser von der Spielleitung aber nicht präsentiert wurde, sondern nur eine Schankmagd, die mit neuem Bier in der Hand Helden glücklich machte. Das mag als neuer Rollenspieler echt cool sein, doch wenn die ersten echten Abenteuer hinter mir liegen und vielleicht 20-30 Stunden Spielzeit auf dem Buckel hat, dann braucht es diese Szene kaum.

Ich möchte raus, was erleben. Ihr braucht keine Spielleiterin, die ab zu mal moderiert und mit dem Wirt Feuer im Kamin nachlegt. Wir brauchen keinen Spielleiter, der grade beschreibt welches Liedchen der Barde heute zum Besten gibt oder dass die Bauern am Nachbartisch ein tolles Kartenspiel haben. Das ist in meinen Augen kein Leiten. Ich will auch den Hintergrund der drei bis fünf anderen Helden nicht wissen, weil mein eigener doch eh viel besser ist! 

Beyond the Wall beweist eindrucksvoll wie Abenteuer eben doch anfangen können. Keine langen Kennenlernrunden und viel Spaß rund um die Dorf-Taverne.

Wenn ihr es nicht mit super frischen Pen and Paper Spielern zu tun habt: Bitte streicht diese Szene ansatzlos und lasst irgendjemanden zur Tür reinkommen, vielleicht mit einem Pfeil in der Brust schwer blutend oder aber im Obergeschoss gibt es ein schweres Krachen und ein Schrank stürzt aus irgendwelchen Gründen in den Schankraum… wo auch immer ihr mit dem eigentlichen Plot hin wollt: Fangt bitte an damit, auch wenn grade die Dynamik der Spieler gut ist und sie sich unterhalten. Unterbrecht sie einfach! Meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass sie nur so lange sich die Zeit vertreiben, bis ihr als Spielleitung aktiv werdet. Diese Kritik habe ich tatsächlich oft gehört (nicht auf mich bezogen, aber bei anderen).

Ist es anders und sie wollen wirklich nur “Fluffen”, also weich Rollenspielen ohne Plot, dann brauchen sie euch nicht, sondern können selbst Bier nachschenken.

Bei Cthulhu wäre übrigens noch die Ominöse Erbschaft eines Schwippschwagers dritten Grades zu nennen, weil es da keine typische Tavernenszene gibt.

Träume und Visionen

Träume und Visionen, die euch zu einem Ziel zwingen.

“Du spürst seit Tagen ein Ziehen im Bauch und bist dir sicher: Du musst nach Bricksdorf”

Wo auch immer Bricksdorf ist, total egal, aber das ist eine Holzhammer-Methode, bei welcher die Spielleitung entscheidet: Geh da hin, da wartet Arbeit auf dich bzw. da fängt der Plot an und deswegen machst du das jetzt.

“Du hast das Verlangen den Ring vom Baron zu klauen und stehst deswegen jetzt vor seiner Burg.”

Lasst sie doch bitte mit etwas Vorlauf selbst erkennen, dass sie diesen Ring brauchen und sie da rein müssen. Gerüchte in der Kneipe verheißen, dass jeder Wunsch wahr wird, wenn ich diesen Ring besitze. Wenn sowas aufkommt, kann der Spieler sich selbst dazu entscheiden dort hinzu gehen, zu planen und sich zu organisieren.

Gefühle kommen immer von Spielerseite, nur in Ausnahmen werden sie durch die Spielleitung vorgegeben. Höllische Schmerzen im Kampf oder magische Effekte, die Spieler aufgrund der Andersartigkeit nicht einschätzen können. Geht es um eine innere Intuition, so sei hier lediglich der Spieler selbst Herr seiner Gefühle. Ihr habt nicht zu bestimmen ob jemand nun verliebt ist, habgierig oder sogar einen NPC hasst.

Gleiches gilt für Visionen, die für Spieler keinen Sinn erlegen. Wieso soll der dreckige Söldner und ein Taschendieb die selbe Vision oder Traum gehabt haben, wie ein Priester eines Gottes oder ein strahlender Magier? Weil sie auserwählt wurden Großes zu tun? Weil nur sie die Welt retten können und deshalb zusammen arbeiten müssen? Die große Queste diese unterschiedlichen Typen aneinander schweißt?

Finde ich ehrlich gesagt ziemlich plump. Das mag funktionieren bei großen epischen Kampagnen, wenn die Spielleitung gar nicht mehr weiter weiß, aber großes Kino ist das nicht mehr. Selbst dort kann ich nur noch Müde lächeln, dass den Autoren nichts besseres eingefallen ist. Zufälle mag es geben, ein Helden-Band entsteht auch so, aber wenn es aufgezwungen wird durch die Götter oder sonstwen, dann entsteht nur Reibung, die für Stress sorgt. Lasst das bitte. Arbeitet nicht mit Träumen in der Nacht, sondern mit Gerüchten bei Bauern, Handwerkern auf Reise oder Händlern. Diese haben gehört, dass sich im Norden dunkle Wolken aufbäumen und etwas Finsteres vor sich geht. Ist das noch nicht genug offensichtlich, dann wiederholt die Berichte. Es wird eventuell etwas länger dauern, bis sie sich aufmachen, aber sie tun dies aus eigener Motivation und nicht gezwungen durch euch.

Hilfe, wir sind Gefangen!

Ohne Ausrüstung im Gefängnis oder Dungeon aufwachen

Hast du diese Szene schon erlebt in deinem Spieler-Dasein, dann ist es nur noch frustrierend. Lästige Ausrüstung, welche die Spielleitung stört wird weggeschlossen, sie müssen sich aus eigener Kraft hochkämpfen und einen Ausweg finden, weil ihr eine Horroratmosphäre schaffen wollt und das geht nur ohne die Axt+4 vom Barbar und den Magierstab mit Klugheitssockel. 

“Aber ich habe da diese echt coole Idee und will mal ausprobieren, ob…”

Kurz zur Erklärung: Es ist nicht gruselig, wenn dir die Sachen abgenommen werden und ich dich in ein Folterlabor eines irren Arztes stecke. Horror entsteht durch Andeutung, durch dunkle Gassen und den sich bewegenden Schatten im Schlafzimmer. Der Geruch nach Eisen in der Luft bevor die Schranktür geöffnet wird, die falsche Augenfarbe bei deinen Eltern und dass dein Ehegatte nach 30 Jahren plötzlich wieder Fleisch isst und mit Rechts anstatt Links schreibt. Ein Gefühl, das etwas definitiv falsch läuft. 

Das ich den nächsten Schritt besser nicht gehen sollte und es trotzdem tuen muss, auch wenn ich weiß, was passieren wird! Unters Bett gucken, wenn dort jemand oder etwas kratzt

Wenn ihr ein Dungeon Abenteuer bauen wollt, dann sollen sie sich aktiv entscheiden dort hinein zu gehen und dürfen nicht gezwungen werden den Weg hindurch zu suchen, weil sie aus Versehen das Schlafgift getrunken haben und gefangen genommen worden sind. Wenn sie im Gefängnis aufwachen, dann nicht zu Beginn eines Abenteuers, sondern weil sie Unfug in einem bestehenden gemacht haben.  Die Gefangenen von Santobal zeigt, wie sowas aussehen könnte recht gut. Die Helden wissen zu Beginn wo sie landen werden und können versuchen sich vorzubereiten.

Die ersten großen drei Fehler

Das sind in meinen Augen die schlimmsten drei Anfangsmöglichkeiten, die mir so einfielen. Kommen immer wieder vor, nerven mich immer wieder neu an. Die sind übrigens alle gleich schlimm, es ist hier kein Platz Eins bis Drei. 

Könnt ihr gerne anders sehen, dann schreibt mir bitte. Gerne einen Kommentar oder viel besser noch einen eigenen Blog zu diesem Thema. Wenn ihr mir zustimmt, dann nennt mir gerne auch weitere Fehler beim Abenteuereinstieg, die ich noch nicht genannt habe. Mich würde wirklich interessieren, ob ihr das ähnlich seht oder ich sehr alleine damit stehe. Seid ihr Spieler und selbst angenervt oder seid ihr seit langem vielleicht auch Spielleitung?

Hinweis

Ich habe auf meinem alten Blog diesen Artikel schon einmal veröffentlicht, hier ist er nun noch einmal in einer überarbeiteten Variante etwas angepasst.
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Markus Schaber

Unser Meister hat in einem längeren Plot unserer Kampagne mal mit Träumen und Visionen gearbeitet – allerdings haben wir einen Charakter mit dem Nachteil “Medium” in der Gruppe, und es war wirklich ein göttlicher Auftrag (verlorene Seelen retten und in Borons Hallen führen), insofern war es schon passend. 🙂

Markus Schaber

Als Vorteil gibts ja bei DSA dementsprechend “Affinität zu Geistern”, wo der Charakter dann mehr Kontrolle drüber hat. (So langsam arbeitet sich der Charakter auch vom Nachteil zum Vorteil hoch, ist als Teil der Charakterentwicklung auch ganz nett. 🙂 ) Und Visionen, die von alten Drachenseelen und Boron geschickt werden, sind immer noch mehr als rätselhaft genug, um nicht wirklich weiter zu helfen 🙂 Generell ist mein Charakter auf jeden Fall inzwischen immer derjenige, der kontaktieren und übersetzen muss, wenn es um Geister, in Artefakten gefangene Seelen und ähnliches geht, die Magier und Geweihten halten sich da dann immer dezent… Weiterlesen »

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Meine absolut liebste Lieblingskampagne bei Shadowrun die ich jemals gespielt habe fing so an, dass mein Charakter Abends im Bett lag und sein bester (und ein wenig verrückter) Freund ihm ein Taschentuch mit Chloroform ins Gesicht drückte. Mein Charakter kam dann an der offenen Tür eines Flugzeuges über einer Wüste zu sich und wurde von seinem besten Freund raus gestoßen, der ihm auf dem Weg nach Unten erklärte, dass er einen Abenteuertrip mit ihm vor hatte. Das hat wirklich Spaß gemacht und die Reise aus der Wüste Marokko bis nach Berlin ohne Ausrüstung und SINs war einfach nur witzig. Wenn… Weiterlesen »

Ancient Gm

Was ich, seit nunmehr über 20 Dienstjahren als Meister bei DSA immer wieder feststelle, ist die berechenbarkeit der berechenbarkeit. Ich neige dazu den Helden am Anfang ihres abenteuerlebens gerne eine vorgeschichte abzubringen. Aus dieser ergeben sich meist die besten Gründe für Reisen und Abenteuer. Ob es die Erbschaft weit, weit weg ist, daß gefundene Objekt neben dem Bett, eine Vision oder vergleichbares. So kann der ei zelne Held mit seiner Suche nach Hilfe bei seiner persönlichen quest die anderen mit ziehen ohne das man als Meister einen Hammer und Klebstoff braucht. Und Bonus, die anderen erfahren auch gleich etwas über… Weiterlesen »